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Dicksein verwächst sich nicht

Kein Kind kommt übergewichtig auf die Welt. Doch falsche Essgewohnheiten und mangelnde Bewegung sorgen dafür, dass immer mehr Kinder in Deutschland eine große Last mit sich herumschleppen.
Mit neun Jahren ist Tim nicht gerade schlank. Ein paar Fettröllchen, denkt seine Mutter, das verwächst sich. Als Tim zwölf ist, sind aus den Röllchen Rollen geworden. Er bewegt sich schwerfälliger als seine Freunde. Auf dem Pausenhof wird er gehänselt. Fetti nennen ihn die anderen abfällig. Am Reck hängt er wie ein Sandsack. Tim fühlt sich schlecht.

Weltweit rund 10 % der Kinder übergewichtig

Mit seinen Gewichtsproblemen ist Tim nicht alleine. In den vergangenen Jahren hat Übergewicht bei Kindern alarmierend zugenommen. Wie Professor Berthold Koletzko vom Haunerschen Kinderspital der Universität München erläutert, sind weltweit rund zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen zwischen 5 und 17 Jahren übergewichtig.

Etwa ein Viertel dieser Kinder leidet unter schwerem Übergewicht, genannt Adipositas. Experten wie Koletzko machen neben genetischen Faktoren auch die Veränderung der Lebensbedingungen für die Gewichtszunahme verantwortlich. „Zunehmend sitzende Freizeitbeschäftigungen, die dauernde Verfügbarkeit zahlreicher TV-Kanäle sowie attraktiver Elektronikspiele haben auch bei Kindern zu einem deutlich verminderten Energiebedarf geführt.“ Zugleich bieten sich kalorienreiche Produkte im Überfluss an. Süßigkeiten, Chips, Fast Food sind so erschwinglich wie verführerisch. Die Folge: Der Mensch setzt an, und das schon im Kleinkindalter.

Übergewicht nicht nur ästhetisches Problem

„Ein bisschen rund, na und?“ dachte Tims Mutter früher. Schließlich hat auch sie ein paar Kilo mehr als nötig auf den Rippen. Sie ärgert sich darüber, dass die Gesellschaft das Schlanksein so hoch hält. Etwas mehr Toleranz, denkt sie, und Tim könnte mit seinen Pfunden ganz glücklich sein. Aber sie täuscht sich. Übergewicht ist nicht nur ein ästhetisches Problem, sondern kann gerade in der Pubertät zu einer großen seelischen Belastung werden. Darüber hinaus ist Übergewicht auch eine chronische Gesundheitsstörung, die medizinische Risiken birgt. Bluthochdruck, Herzversagen, Schlaganfälle häufen sich bei übergewichtigen Erwachsenen. Diabetes droht, Gicht, Arthrose und sogar Unfruchtbarkeit.

Dicksein verwächst sich nicht

Längst weiß man, dass dicke Kinder ihre Pfunde nicht einfach auswachsen. Häufig bleiben sie auch als Erwachsene dick und geben problematische Gewohnheiten an die eigenen Kinder weiter. Ob ein Mensch dick oder normalgewichtig ist, hängt nämlich wesentlich davon ab, was er als Kind über Essen und Bewegung und eine gesundheitsbewusste Lebensführung gelernt hat. Hier legen Eltern den Grundstein für die Gesundheit ihres Kindes. Sie haben eine große Vorbildfunktion: Wenn Mama und Papa sich oft an der frischen Luft bewegen, aktiv im Sportverein sind und zum Essen Wasser oder Fruchtsaftschorle trinken – warum sollte der Nachwuchs dann nur drinnen sitzen, Computer spielen und Softdrinks trinken? Früherkennung ist darum besonders wichtig. „Vier Kilo schmelzen leichter dahin als zehn“, sagt die Ernährungsexpertin, Familientherapeutin und Buchautorin Agnes Streber (Agnes Streber und Angelika Egger: KinderLeicht. Wie übergewichtige Kinder abnehmen und Lebensfreude gewinnen. Kösel Verlag). „Dicksein verwächst sich nicht“, warnt sie. Natürlich gibt es im Leben eines jeden Kindes moppligere Phasen, bevor es krabbelt etwa und wenn der nächste Wachstumsschub naht. Sitzt der Speck allerdings über drei, vier Monate lang auf den Rippen, sollte man eingreifen.

Gewicht vom Arzt abklären lassen

Ratsam ist es, die Gewichtsprobleme des Kindes zunächst ärztlich abklären zu lassen. Dann stehen Verhaltensveränderungen an. Weniger und gesünder essen, mehr Bewegung: Das ist der Königsweg zum Normalgewicht. Dabei sind die Basics einer gesunden Ernährung den meisten Eltern längst vertraut. Vollkornprodukte und viel Obst und Gemüse stehen im Zentrum einer guten Ernährung. Wer schlank sein will, sollte Süßigkeiten nur in Maßen essen und möglichst wenig gezuckerte Getränke, sondern vor allem Wasser und ungesüssten Tee/Schorlen trinken. Fettarme Nahrungsmittel, eine umsichtige Zubereitung, feste Essenszeiten und möglichst viele gemeinsam als Familie eingenommene Mahlzeiten täglich helfen auf dem Weg zu weniger Gewicht.

Die Hintergründe des Essverhaltens verstehen

Aber Wissen allein genügt nicht. Verhaltensänderungen, gar Verzicht, fallen in jedem Alter schwer. Wie so oft hapert es nicht am guten Willen, sondern an der Umsetzung. Denn, so Agnes Streber: „Das Essen ist verwoben mit Emotionen.“ Statt den schlichten Nahrungsverzicht zu predigen, plädiert sie für einen ganzheitlichen, genussorientierten Ansatz. „Leichter werden geht dann leicht, wenn mehr Lust und mehr Genuss im Alltag Platz haben und gleichzeitig die individuellen Bedürfnisse des Kindes gestillt sind“. Für den langfristigen Erfolg einer Verhaltensänderung gilt es darum, herauszufinden, warum ein Kind wann wie viel isst, also den Hintergründen seines Essverhaltens auf die Schliche zu kommen.

Wenn Tim nach Hause kommt und mal wieder gehänselt wurde, kann es sein, dass er gleich eine ganze Chipstüte in sich hineinstopft, aus Frust und um sich zu entspannen. Maja, fünf Jahre alt, hat längst herausbekommen, dass sie die Aufmerksamkeit der Mutter dann erhält, wenn sie „Hunger“ sagt. Und Lilly, 13, geht aus Langeweile immer wieder in die Küche und isst Schokolade, um sich aufzumuntern. Bei allen dreien erfüllt Essen eine Funktion, die weit über darüber hinausgeht, Sättigung zu erreichen. Essen ist Beruhigung, ist Zugehörigkeit zu anderen, ist Glücksgefühl, ist Beschäftigung. Nimmt man dem Kind das Essen einfach weg, bleibt es unbefriedigt – keine gute Basis für den Erfolg einer Veränderung.

Alternativen anbieten

Agnes Streber rät dazu, den Kindern Alternativen anzubieten, die übermäßiges Essen überflüssig machen. Lilly könnte gemütlich in der Badewanne liegen und sich statt einer ganzen Tafel ein einziges Stückchen Schokolade auf der Zunge zergehen lassen; Maja mit der Mutter ein Memory spielen; Tim anfangen, boxen zu gehen, um seine Aggressionen los zu werden.

Mit etwas Geduld finden nicht nur gesündere Nahrungsmittel ihren Weg auf den Teller der Kinder, es bilden sich auch neue Gewohnheiten aus, die Freude schenken und mehr Leichtigkeit.


Verfasser/in: Die BKK·VBU (BKK Verkehrsbau Union) ist eine gesetzliche Krankenkasse mit Sitz in Berlin. Sie hat rund 400.000 Versicherte und betreut ca. 70.000 Arbeitgeber.


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